Montag, September 22, 2008

Weshalb wird der Strommarkt liberalisiert?

In allen nationalen Wirtschaftsräumen gibt es grosse Bereiche mit beträchtlichen Geldströmen, von denen das auf Verwertung bedachte Kapital ausgeschlossen ist. Es handelt sich dabei um die öffentlichen Dienste wie Versorger (Wasser, Strom), das Verkehrswesen (Post, Bahnen, Strassen), das Schulwesen usw., die zum Teil als natürliche Monopole keinen Wettbewerb ermöglichen, z.B. weil die Infrastrukturkosten im Vergleich zum gehandelten Gut zu hoch sind. Ein echter Strom-"Markt" würde es nämlich nötig machen, dass alle Anbieter ihre eigenen Netzwerke vom Kraftwerk bis hin zur Steckdose aufbauen.

Bei all diesen Diensten fallen Gebühren an, die von den Konsumenten an die (meist staatlichen) Betreiber bezahlt werden. Für die herrschenden Klassen und jene, die ihnen aus irgendwelchen Gründen zudienen, ist es aber unerträglich, dass von all diesen Gebühren nichts in den Taschen der Reichen landet. Daher lobbyieren sie auf internationaler (WTO, GATS) wie auf nationaler Ebene für die Liberalisierung und Privatisierung dieser Dienste, um sie der wirtschaftlichen Verwertung durch das Kapital zuzuführen.

Obwohl behauptet wird, dass privatisierte Dienste effizienter operieren, steigen die Tarife meistens, wenn öffentliche Dienste dereguliert, liberalisiert und privatisiert werden, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Zusatzkosten
    Liberalisierte Dienste und Versorger müssen teure Kosten verrechnen, die bei einem Staatsbetrieb nicht anfallen. Es sind dies Kosten für Werbung, Dividenden für Aktionäre, Exekutivgehälter (2 Mio plus Bonus), sowie Administrativkosten. Diese erheblichen Zusatzkosten werden natürlich nicht von der FDP oder der SVP übernommen, die die Liberalisierung trotz Volks-Nein durchgestiert haben, sondern müssen von den Kunden mit den Stromgebühren bezahlt werden.
  • Markt- statt Kostenpreise
    Oeffentliche Dienste können ihre Diensleistungen und Produkte (Wasser, Strom, ...) zu Kostenpreisen anbieten, da sie keinen Profit erwirtschaften müssen. Im liberalisierten Markt müssen die Stromkunden in der Schweiz denselben meist höheren Marktpreis bezahlen, den die privatisierten Dienste im Ausland erzielen würden.
  • Spekulation
    Wenn Strom zu einer Handelsware verkommt, ist es lukrativer, mit Strom zu handeln statt ihn zu produzieren (vgl. Enron in den USA). Durch künstlich herbeigeführte Verknappungen lässt sich der Preis pro kW/h in profitabel die Höhe treiben. Dies geschah in Kalifornien, USA, als der Strommarkt liberalisiert wurde. Stromausfälle (blackouts) und explodierende Strompreise waren die Folge.

Die liberalisierten Stromversorger haben denn bereits zugegeben, dass sich die Stromtarife in den nächsten 5 Jahren verdoppeln werden (Tages Anzeiger). Für die Kunden ergeben sich durch die Liberalisierung keine Vorteile, sondern lediglich höhere Kosten und die Gewissheit, dass die Reichen noch reicher werden, während der Mittelstand weiter ausgepresst wird.

Wenn die Sicherheit unserer Stromversorgung nicht den Ospels und Lehman Brothers dieser Welt überlassen werden soll, muss jetzt gehandelt werden. Die Liberalisierung des Strommarktes ist rückgängig zu machen, und weitere Liberalisierungen (Post, Wasser, Schulwesen usw.) müssen für alle Zeit gestoppt werden.

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