Ich war gerade dabei, eine Grabesrede zum totalen Bankrott der neo-liberalen Ideologie zu schreiben, als ich auf den Beitrag The End of Libertarianism - The financial collapse proves that its ideology makes no sense - von Jacob Weisberg in Slate gestossen bin. Er beginnt den Artikel mit den Worten:
A source of mild entertainment amid the financial carnage has been watching libertarians scurrying to explain how the global financial crisis is the result of too much government intervention rather than too little.
Dasselbe dachte ich, als ich den Club vom 21. Oktober 2008 auf SF1 gesehen habe. Es war geradezu peinlich, wie Gerold Bührer, Präsident von Eggonomiesuisse und Thomas Held, Direktor von Avönir Suisse, versuchten, die Finanzkrise schön zu reden und die Zuschauer davon zu überzeugen, dass ihre Ideologie von Liberalisierung und Deregulierung keinen Anteil an der Finanzkrise hatte.
Utopians of the right, libertarians are (...) convinced that their ideas have yet to be tried, and that they would work beautifully if we could only just have a do-over of human history. Like all true ideologues, they find a way to interpret mounting evidence of error as proof that they were right all along.
Amüsant aber irgendwie kaum überraschend war daher, dass im Lärm, der den Kollaps des internationalen Finanzsystems im Zuge der Finanzkrise begleitete, eine Stimme verdächtig still war: diejenige der Freisinnigen Partei der Schweiz. Wer die Webseite der Partei besucht, findet in den Medienmitteilungen als ersten und bisher einizgen Beitrag seit die Krise die Welt und nun auch die Schweiz erschüttert hat, eine Mitteilung vom 16. Oktober.
Eine Partei, deren Programm ausschliesslich aus Marktwirtschaft, Deregulierung und Liberalisierung besteht, darf nun dieselbe bittere Medizin schlucken, die sie voller Häme jenen verabreicht hatte, die nach dem Zusammenbruch des Kommunismus nicht bedingungslos vor der neo-liberalen Logik des selbst-regulierenden "freien Märchts" kapitulierten. Vor diesem Hintergrund wirkt es daher eher armselig als bloss dumm, wenn ein freisinniger Parlamentarier nach den ersten Anzeichen der Finanzkrise in die laufende Kamera sagt, das falscheste, was man jetzt tun könne, seien neue Regulierungen einzuführen.
Und die freisinnige Parole "mehr Freiheit - weniger Staat" dürfte nach den Abermilliarden von Franken, die der Staat als Rettungsring der sinkenden UBS nachwerfen musste, wohl als die peinlichste Dummheit in nur Vier Worten in einhundertsechzig Jahren moderner Schweizer Politik gelten und damit den Todesstoss der schon immer eher un- statt freisinnigen Ideologie bedeuten.
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